Warum #gedenkdiensterhalten?

Vom Zivildienstgesetz zum Freiwilligengesetz – Was hat sich verändert?

Bis 2016 war Gedenkdienst im Ausland als Form des Zivilersatzdiensts gesetzlich im Zivildienstgesetz verankert. Seit der am 1. Jänner 2016 in Kraft getretenen Novelle umfasst nun ausschließlich das Freiwilligengesetz Gedenkdienste, die Anrechenbarkeit als Zivildienst bleibt bestehen. Durch das Freiwilligengesetz können nun auch Frauen und (nicht-wehrpflichtige) Männer zu gleichen Rechten und Bedingungen einen (theoretisch) finanzierten Gedenkdienst leisten. Für alle Freiwilligendienste im Ausland – das beinhaltet auch Sozial- und Friedensdienste – wurde eine Fördersumme von 720.000 Euro festgeschrieben, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Für die finanzielle Förderung wurde die „soziale Bedürftigkeit“ der Freiwilligen als Kriterium eingeführt. Die Umsetzung erfolgt durch einen Förderungsvertrag zwischen dem Trägerverein und dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, das neue Richtlinien vorgibt. Diese neuen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen stellen die Gedenkdienstleistenden und die Trägervereine vor enorme Herausforderungen.

Unsere Kritik an den Veränderungen betrifft insbesondere die erneute Kürzung der jährlichen Fördersumme für Gedenkdienstleistende und die Umsetzung der sozialen Bedürftigkeit, die eine „Förderwürdigkeit“ in Form von Haushalts-Einkommensgrenzen vorsieht. Details zu unseren Kritikpunkten sind unter „Was fordern wir?“ zu finden.

Warum braucht es Gedenkdienst?

Für uns als Verein GEDENKDIENST ist klar, dass historisch-politische Bildungsarbeit und aktive Erinnerungskultur nicht nur rund um Gedenktage im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen dürfen. Seit 25 Jahren tragen wir als Verein in Österreich durch unser Bildungsprogramm dazu bei. Dass Bildungsarbeit und die Erinnerung an das NS-Regime an 365 Tagen im Jahr notwendig sind, zeigt unter anderem eine aktuelle Studie, wonach der Ruf nach einem „starken Mann“ an der Spitze Österreichs wieder lauter und ein autoritärer Staat gutgeheißen wird.[1]

Seit 1992 ist Gedenkdienst als Zivilersatzdienst ein klares politisches Zeichen der Republik Österreich gegen das Vergessen. An Holocaust-Gedenkstätten, pädagogischen Institutionen und Betreuungseinrichtungen für Zeitzeuginnen und Zeitzeugen leisten Gedenkdienstleistende jedes Jahr in Europa, Israel, Südamerika und den USA einen aktiven Beitrag zur Erinnerungsarbeit und Gedenkpolitik. Gedenkdienst wird sowohl von Überlebenden des Nationalsozialismus als auch von ausländischen Vertreterinnen und Vertretern an den Einsatzorten als ein starkes gesellschafts- und außenpolitisches Zeichen wahrgenommen sowie als Form der kritischen Auseinandersetzung mit der österreichischen Zeitgeschichte und der Verantwortung der Republik geschätzt. Gedenkdienstleistende und ihr aktiver Beitrag zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus sind für die internationalen Einsatzstellen, die Republik Österreich und auch Überlebende des Holocaust von großer Bedeutung. Ein Beispiel sind die Oral-History-Interviews mit (ehemaligen) Österreicherinnen und Österreichern, die 1938 aus ihrer Heimat vertrieben wurden – durch diese Interviews werden ihre wertvollen individuellen Geschichten weitergetragen.

Dieses Alleinstellungsmerkmal, das sich auch in der Entstehungsgeschichte des Vereins Anfang der 1990er-Jahre widerspiegelt, grenzt Gedenkdienst eindeutig von anderen Freiwilligendiensten ab.

Dass Gedenkdienst seit 2016 auch für Frauen und nicht wehrpflichtige Männer im Rahmen des Freiwilligengesetzes möglich ist, begrüßen wir als ein Bekenntnis für das gegenwärtige und gleichberechtigte aktive Erinnern an den Holocaust. Umso problematischer ist es, dass diese positive Entwicklung nun durch zunehmend prekäre Rahmenbedingungen für Freiwillige sowie Trägervereine begleitet ist.

Gedenkdienst ist die historische und politische Verantwortung der Republik Österreich und muss deshalb ausreichend gefördert werden!

Daher: #gedenkdiensterhalten

 


[1] https://kurier.at/politik/inland/studie-ns-geschichtsbewusstsein-und-autoritaere-einstellungen-in-oesterreich/258.162.152

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